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Der Baldwin A1A-A1A 62073

Le 62073 en 2020

Der 62073 in April 2020 im Bahnwerk des Vereins. (Aufnahme Sébastien Kieffer)


Technische Daten:

Hersteller: Baldwin Locomotive Works, Philadelphia, Pennsylvania
Gattungsbezeichnung: DRS 6-4-660, Nr. 73188
Baujahr: 09.07.1947
Gattungsbezeichnung (SNCF): 040DA73 dann A1A-A1A 62073
Leistung des Dieselmotors [kW/PS]: 560 / 760
Leistung am Haken [kW]: 398
Anfahrzugkraft [kN]: 208
Höchstgeschwindigkeit [km/h]: 96, später 80
Dienstmasse [t]: 109,5
Länge über Puffer [m]: 17,72
Bordspannung [V]:  130

Technische Daten des Dieselmotors:

Herstellerr: Baldwin Locomotive Works, Philadelphia, Pennsylvania
Typ: DeLaVergne Typ 600 NA
Taktzahl: 4 Takt
Luft: Saugmotor
Pmax [kW] @ Motordrehzahl [U/min]: 560 @ 625
Spezifischer Verbrauch [g/kWh]: 233
Verbrauch @ Pmax [l/h] 175
Drehmoment in der Volllast [Nm]: 8560
Maximaler effektiver Mitteldruck [bar]: 5,5
Lineare Kolbengeschwindigkeit [m/s]: 8,21
Zylinderanzahl [-]: 6
Bohrung * Hub [mm]: 324*394
Hubraum pro Zylinder / gesamt [l]: 32,48 / 194,9
Masse [kg]: 12644
Kühlung: Wasser
Anlasser: Hauptgenerator
Einspritzsystem: 1 Einspritzventil und 1 Pumpe American Bosch pro Zylinder, 1 Vorförderpumpe

Typenschild Motor:

Plaque

Typenbild::

DMC-Tag

Typenschild des Herstellers:

Plaque

Beschreibung:

Unbestritten ist diese Lokomotive die eindruckvollste der Sammlung des Vereins. Ihr Dieselmotor (Konstruktion De La Vergne) hat ohne Zweifel Generationen von Eisenbahnliebhabern in Frankreich begeistert.

Die 100 Exemplare der Reihe wurden zwischen April 1946 und August 1947 von den Baldwin Locomotives Works (BLW) in Eddystone, in Pennsylvania gebaut und im Rahmen des Lend-Lease Programs nach dem Krieg an Frankreich geliefert (der Marshall-Plan fand ja erst ab 1948 statt). Zu diesem Programm gehörten auch die berühmten 141R. Für die BLW, die seit mehreren Jahrzehnten (wie Alco und Lima) die größten Dampflokomotiven der Welt im großen Stil produzierten, stellt diese Serie eine der ersten Erfahrungen in der Produktion großer Stückzahl von Dieselloks dar. Die früheren Lieferungen an einheimischen Kunden bestanden aus weitaus wenigen Exemplaren.

Erstmals wurden die Lokomotiven "040DA" in Frankreich genannt (die "4" steht für die 4 angetriebenen Achsen, die Buchstabe "D" für Diesel und "A" für die, chronologisch gesehen, erste Reihe, die ins Inventar der Staatsbahnen aufgenommen wurde). Erst 1962 wurden die Loks in "A1A-A1A 62000" umbenannt.

Die Loks sind mit einem langsam drehenden (625U/min), Reihen 6 Zylinder-, 4-Takt-, wassergekühlten Saugdieselmotor der Reihe 600 ausgerüstet. Pro Zylinder gibt es einen Zylinderkopf mit 2 Ein- und 2 Auslassventilen. Diese werden von einer einzigen Nockenwelle mittels Stößelstange und Kipphebel betätigt. Anfänglich war der Motor als Vorkammerdiesel ausgeführt (Bezeichnung "VO"). Der Brennraum war zu 100% im Zylinderkopf integriert. Große Dauerhaltbarkeitsprobleme kamen ans Licht aber Korrekturen durften nicht durchgeführt werden, da der War Production Board als Staatlicher Organ dies untersagt hatte. Der 600er Motor ist als Weiterentwicklung vom VO zu verstehen. Eine der wichtigsten Änderungen ist die Neudefinition des Brennverfahrens. Dabei wurde der Zylinderkopf gänzlich überarbeitet und der VO-Kolben mit Flachboden durch sog. Hesselmann-Kolben mit offener Brennkammer ersetzt. Der Kraftstoff wird jetzt mit Hilfe von einer Bosch-Einspritzpumpe sowie einem Bosch Einspritzventil pro Zylinder direkt in den Brennraum eingespritzt.

Der Motor wird mit Hilfe des Hauptgenerators und der Batterien gestartet. Diese bestehen aus 56 Bleizellen. Anfangs der 60er Jahre wurden sie durch Nickel-Cadmium Batterien ersetzt, die eine viel längere Lebenserwartung hatten. Diese mußten dann doch den Geist aufgeben (nach über 40 Jahren!) und sind  im Verein gegen 9 klassische 180Ah-LKW-Bleibatterien getauscht worden.

Der Motor treibt einen Haupt- und einen Nebengenerator an sowie einen Erregergenerator (EX für Exciter). Alle sind Gleichstrommaschinen der Fa. Westinghouse. Auch treibt er einen starr gekoppelten Luftkompressor des Typs "CD" (Westinghouse) mit zwei Nieder- und einem Hochdruckkolben, einen großen, schaltbaren Ventilator um die Öl- und Wasserkühler zu belüften und zwei Ventilatoren für die Kühlung der elektrischen Traktionsmotoren an.

Trotz gewaltiger Dimensionen, selbst für amerikanische Verhältnisse (Hubraum von 194L oder fast 33L pro Zylinder, die GM Motoren hatten einen Hubraum pro Zylinder von 567cui oder nur 9L), beträgt die Leistung ursprünglich nominell 660HP oder 492kW. Die französischen Staatsbahnen haben aber die Einspritzpumpen so eingestellt, daß die Leistung 750HP also 760PS oder 560kW bei 625U/min beträgt. Somit stehen 675PS oder 497kW dem Hauptgenerator zur Verfügung.

 Dieser Motor gehört zu der berühmten 600er Serie (es gab letztendlich nur diese Serie bei den BLW, nur der Brennraum wurde anfangs geändert). Er wurde 606NA genannt weil es sich um einen 6 Zylinder Saugmotor handelt (NA=naturally aspirated). Für die In- aber auch ausländischen Kunden hatte Baldwin nicht nur die Saugversionen mit 660 und 750HP entwickelt sondern auch welche mit Abgasturboaufladung wie die 606SC für Super Charged. Diese leisteten anfänglich 1000HP oder 746kW und später 1325HP oder 988kW.

Aber hier hörte der Katalog der Firma nicht auf: um die Leistung zu erhöhen wurden 2 weitere Zylinder angebaut, so daß die Motoren die außergewöhnliche Konfiguration von 8 Zylindern in Reihe aufwiesen. In Saugversion leisteten diese 1000HP oder 746kW (die schnell durch den aufgeladenen 6 Zylinder 606SC ersetzt wurden) und mit Aufladung konnten sie erst 1500HP oder 1119kW später sogar 1750HP oder 1305kW leisten!

Die Erregerwicklung des Hauptgenerators ist mit dem Strom aus einem Erregergenerator gespeist. Dieser letzte ist mit Hilfe von 3 Wicklungen erregt: eine ist in Parallel mit dem Anker geschaltet (positiv), eine ist mit dem Strom des Hauptgenerators gespeist (negativ) und eine wird mit Strom aus dem Nebengenerator gespeist. Dieser letzte Stromkreis beinhaltet ein System namens Carbonstat, das ein Abwürgen des Dieselmotors unmöglich macht in dem die Erregung so gesteuert wird, daß die Momentaufnahme des Generators nie das max. Drehmoment des Dieselmotors übersteigt. Später haben die fr. Staatseisenbahnen eine Änderung eingeführ,: die es dem Lokführer erlaubt, Einfluß auf diesen Stromkreis zu nehmen. Mit einer winzig kleinen Änderung dieses Stroms kann man großen Einfluß auf den Wert des Hauptstromes nehmen. Die Zugkraft kann somit bei gleichbleibender Drehzahl des Dieselmotors fein eingestellt werden. Diese Änderung wurde deshalb eingeführt, weil die Lokomotive im Rangierdienst bei Rangierbahnhöfen mit Ablaufbergen eingesetzt. Dort wird keine große Leistung gebraucht aber ein große Fähigkeit, über lange Zeiten hohe Zugkräfte bei sehr geringen Geschwindigkeiten (3 bis 7km/h) zu entwickeln. Da die Last sukzessiv abnimmt soll die Zugkraft vom Lokführer fein eingestellt werden.

Die Bremse ist für europäische (aber wen wundert es) Verhältnisse außergewöhnlich denn sie besteht aus einem 3-Fach Ventilblock und ist kein Steuerventil (à la Knorr z.B.). Sie wurde von Westinghouse entwickelt und fand auch bei den 141R Anwendung.

Der Rahmen sowie die Drehgestelle sind aus gegossenem Stahl. Diese Drehgestelle wurden ursprünglich bei Dampflokomotiven (als Laufachse) oder an Tender angewandt. Sie sind mit 3 Achsen und 2 Tatzlagermotoren ausgestattet. Die Übersetzung wird über ein Stirnradgetriebe realisiert (Verhältnis 68/14). Federung besteht aus Blatt- und Schraubenfedern, Schwingen und einem eigenartigen System, das das Drehgestelle wieder in die Spur führt, wenn in Kurven gefahren wird.

Die 040DA stellten für die SNCF die erste industrielle Erfahrung mit Diesellokomotiven, allerdings in einer Zeit der absoluten Not, unmittelbar nach dem Krieg. Aber nicht nur der Zustand des fr. Produktionsapparats war Grund dafür, daß keine französische Lokomotiven geliefert werden konnten. Schon vor dem Krieg gab es in Frankreich keine Firmen, die in der Lage waren, Großdieselmotoren für die Eisenbahn zu entwickeln und zu produzieren: die einzigen Dieselloks der Vorkriegszeiten, die von der Eisenbahngesellschaft "Paris-Lyon-Marseille" (PLM) im Auftrag gegeben waren, waren alle mit ausländischen, hauptsächlich schweizerischen (Sulzer) und... deutschen Motoren (MAN) ausgerüstet. Nicht desto trotz wurde in Werbungen behauptetet, daß die Motoren französisch waren obwohl diese nur unter Lizenz gebaut wurden.

Das Drehgestell von unserer Lok wurde (zurecht oder auch nicht) bemängelt: er würde hohe Kräfte auf die Schienen  übertragen. Konsequenterweise wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 80km/h statt ursprünglich 60MPH also 96km/h begrenzt. Auch die Radlager zeigten sich etwas problematisch da sie ständig von Hand geölt werden mussten. Somit wurden sukzessiv die Lokomotiven hauptsächlich in den Bergbaugebieten wie Lothringen (Eisenerz) oder Nordfrankreich (Kohlenerz) eingesetzt. Sie kamen ja von solchen Regionen in Amerika: Pennsylvania ist mit Lothringen oder dem Ruhrgebiet in Deutschland vergleichbar. Benutzt wurden sie dann fast lediglich in Rangierbahnhöfen: dort am Ablaufberg wurde ihre Fähigkeit, dauerhaft hohe Zugkräfte bei extrem geringen Geschwindigkeiten zu entwickeln sehr geschätzt. Verwunderlich war es ja nicht: Generator und E-Motoren vom Hersteller Westinghouse waren überdimensioniert: gleiche Komponente wurden bei ähnlichen Baldwin Modellen angewendet, die aber 1000HP leisteten.

Werdegang beim CFTR:

Letzter Eigentümer vor der Rettung: SNCF, Bahnwerk Lens (Nordfrankreich)
z-gestellt: 1986 (Strassburg)
Anschaffung: 2019
Aktueller Eigentümer: CFTR
Restaurierung: ständig
Benutzung: Regelmäßiger Einsatz zwischen Bahnwerk und Bahnhof
Verschrottung durch den CFTR: -

Unsere Lok 62073 mit Herstellernummerr 73188 (das oben dargestellte Typenschild mit Nummer 73201 ist dasjenige vom 62086) wurde vom CFTPV (Pontarlier-Vallorbe, in der Region Franche-Comté) zusammen mit dem GE4032 erworben. Sie wurde sehr regelmäßg von 2003 bis zu ihrer Rettung von unredlichen Nachbarn beschädigt: Teile wurden entnommen und untauglich gemacht. Viele müssen schlicht und ergreifend völlig neu gemacht werden. Die Restaurierungsarbeiten werden mindestens 10 Jahre dauern.


Aufnahmen beim CFTR:

 

Baldwin 62073

Raus aus dem Tunnel in Pontarlier: der 62073 in Oktober 2021. (Aufnahme Sébastien Kieffer)

Baldwin 62073

Ankunft des 62073 am Kolmarer Rheinhafen: schön langsam entladen, aber schon mit 2 Loks! November 2021. (Aufnahme: Sébastien Kieffer)

Literaturverzeichnis:

  • fiche documentaire Loco-revue;
  • Technische Daten der SNCF;
  • Fachzeitschrift Trains miniatures n°19, mai-juin 1988;
  • Fachzeitschrift Voies Ferrées 78, juillet-août 1993;
  • Diesel Locomotives: the first 50 years. de Louis A. Marre chez Kalmbach Books, 1995.
  • Train Shed Cyclopedia n°60, éditeur: Newton K. Gregg, 1977. Train Shed Cyclopedia sind Nachdrücke von verschiedenen alten Fachzeitschriften über Eisenbahn in Amerika.
  • Diesel Locomotives, Cyclopedia volume 2, compiled by Bob Hyden, Kalmbach Books, 1980.
  • Fachbuch "La traction électrique et diesel-électrique", Autor Pierre PATIN, Verlag Léon Eyrolles, 1952.


Ergänzende Hinweise: 

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